Es ist Sonntag Abend, das Guildwars-Betawochenende neigt sich nach 2 Tagen Testen dem Ende und für mich ist es Zeit ein Fazit zu ziehen. Um es kurz zu machen: Keine andere MMORPG-Beta, die ich bisher spielen durfte (World of Warcraft, Everquest 2) hat den Titel „Beta“ mehr verdient als Guildwars. So oft wie in den letzen zwei Tagen habe ich meinen Rechner im gesamten Jahr 2004 nicht rebootet. Guildwars-Abstürze wurden teilweise im Sekundentakt präsentiert. Hier war jegliche Ausprägung vertreten, vom einfachen Programmabsturz über Bluescreen bis hin zu Datenverlust auf der Festplatte. Ich bin dankbar, dass mein Rechner es trotzdem überlebt hat.

Jeder Absturz generiert eine Logdatei, die per Mail automatisch an Arenanet gesendet wird. Das passierte in den letzten zwei Tagen scheinbar so häufig, dass ich heute Abend zum Ende der Beta vom Mailserver die Nachricht erhielt, dass bei „jim@arena.net“ kein Platz mehr in der Mailbox ist. Der arme Jim wird am Montag wohl Doppelschicht schieben müssen. Da ich nicht glaube, das meine Abstürze alleine für das Überlaufen seiner Mailbox verantwortlich sind, vermute ich mal, dasse es anderen Testern wohl genauso geht wie mir.

Aber nun zum Spiel. Da das Spiel in üblicherweise dann abschmierte, wenn die Grafikenginge besonders viele Effekte darzustellen hatte und dies meistens im Kampf passierte, habe ich eher den pazifistischen Weg gewählt und mich auf das Erforschen der Gegend konzentriert. Es gelang mir auf Grund der Abstürze lediglich ein Quest zu vollenden. Das zweite Quest habe ich ungefähr 40 mal angefangen und kam auch schon recht weit – aber eben nicht weit genug. Die Abstürze haben mir jedes mal einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Da bei Guildwars alle Spieler weltweit auf einem Server spielen, mussten sich die Jungs von Arenanet was einfallen lassen, damit die Welt nicht überbevölkert wirkt. Das ist ihnen für meinen Geschmack zu gut gelungen. Es gibt Städte und Handelsposten, die zum Teil erst entdeckt werden müssen, in denen man sich mit anderen Spielern treffen kann. Zu jedem dieser Punkte kann man zu jeder Zeit des Spiels direkt über eine Übersichtskarte hinreisen. Das erspart einem das lästige stundenlange rumgerenne, ist allerdings nicht sehr stimmig. In anderen Spielen fliegt man mit Drachen oder fährt mit Schiffen, hier wird man scheinbar gebeamt! Na ja, so weit so mittelmäßig.

Sobald man eine Stadt verlässt und sich in die Welt begibt, ist man ganz alleine mit seiner Gruppe. Für jede Gruppe wird eine eigene Instanz der Gegend erstellt. Somit wird man ausserhalb der Stadtmauern keinem anderen Spieler begegnen. Das ist einerseits toll, da sich das Problem des „Kill-Stealings“, also das Stehlen der Erfahrungspunkte durch andere Spieler, von selbst erübrigt. Andererseits ist das aber auch irgendwie langweilig, passt aber irgendwie zur mittelalterlich-endzeitmäßigen Stimmung. Man fragt sich aber schon, ob man dann überhaupt ein Massivley-Multiplayer-Spiel braucht.

Die Landschaften sehen alle sehr nett aus aaaber: Im Gegensatz zu anderen MMORPG-Spielen sind die Wege durch die Landschaft fast ausnahmslos vorgegeben. Ich kann z.B. gar nicht von einem Felsen fallen, da mich das Programm gar nicht über die Kante lässt. Selbst mehr oder weniger steile Abhänge kann ich so nicht meistern. Schnell wird einem klar, dass das gesamte Leveldesign ohne diesen Mechanismus gar nicht funktionieren würde, da die Monster den Feind oftmals aus einer bestimmten Richtung erwarten. Das finde ich ziemlich mau und den größten Kritikpunkt am ganzen Spiel. Von Freiheit kann hier nicht die Rede sein. Man hat einfach nicht das Gefühl in einer „Welt“ zu sein, sondern eher in einem Irrgarten. Dazu kommt dann noch das teilweise recht schlechte Leveldesign. Wenn ich schon solche imaginären Wege und Begrenzungen habe, dann will ich die auch „sehen“. Leider ist es hier keine Seltenheit, dass man zum Beispiel einen Fluss entlang läuft, der sich noch weiter in die Ferne erstreckt, um auf einmal an einer unsichtbaren Wand kleben zu bleiben und nicht mehr weiterlaufen zu können. Das habe ich in anderen Spielen aber schon besser gesehen.

Das GUI ist ein weiterer Kritikpunkt. Der „Schwanzvergleichs-Faktor“ ist fast nicht vorhanden. Wo sind die coolen Statistiken für meine Waffen? Wo kann ich auf einen Blick sehen, wieviel Schaden ich austeile, wieviel Hitpoints ich habe und wie hoch meine Rüstungsklasse ist? Hey Diablomacher, das war doch das coolste an dem guten alten Diablo überhaupt, dass man Waffen mit coolen Statistikwerten gefunden hat und gleich sehen konnte, ob die höhere Charakterwerte erzeugten als die alte Ausrüstung. Auch die zu klein geratene Iventory-Grafik trägt nicht gerade dazu bei, sich seinen Charakter gerne anzuschauen. Obwohl die Umgebungsgrafik je nach Gebiet recht farbenfroh wirkt, hat man bei den Ausrüstungsgegenständen das Gefühl sich im Schwarz-Weiss-Modus zu befinden. Schade schade.

Sicherlich hat das Spiel auch seine guten Seiten. So ist die Idee, sich neue Fähigkeiten beim Feind abzugucken ziemlich genial. Leider konnte ich das nicht ausprobieren. Auch der Gilden-Schwerpunkt ist ein grosses Plus. Kein anderes Spiel, das zur Zeit auf dem Markt ist wird im Teamplay jemals diese Dichte erhalten. Auch ein Plus: Trotz der vielen Abstürze habe ich die Ausrüstung, die ich direkt vor dem Crash gefunden habe nach dem Neustart wieder im Inventory gehabt. Das lässt allerdings vermuten, dass der Charakter, genauso wie die eigentliche Level-Instanz nicht auf dem Server liegt, sondern lokal vom Programm erzeugt und verwaltet wird. Was das in Bezug auf das Cheaten bedeutet, kann sich jeder selbst ausmalen.

Das Problem mit den Abstürzen bekommt Arenanet mit Sicherheit noch in den Griff. Dazu ist das Spiel ja noch eine Beta. Die GUI bedarf einer dringenden Aufwertung auch wenn ich nicht glaube, dass die zu klein geratenen Iventory-Grafiken zum jetzigen Zeitpunkt noch ausgetauscht werden. Dafür ist es wohl zu spät. Zu spät ist es auch für das Leveldesign. Sicherlich kann man hier und dort die Levels optisch noch aufbessern und klarer gestalten aber der Labyrinth-Faktor bleibt. Der letzte Punkt ist dann für mich auch der Knock Out. Selbst bei Diablo ging das besser und der zweite Teil dieses Schinkens hat immerhin schon 4 Jahre auf dem Buckel. Und so heisst es wieder einmal: Warten auf World of Warcraft.

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Veröffentlicht: 9. Januar 2005

Kategorie: Zocken

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